Wer hätte das gedacht – die Oma läuft und läuft. 900 Kilometer hat sie jüngst erst wieder zurückgelegt. Bergfest ist sie. Und einfach hübsch anzusehen, obwohl oder gerade, weil sie 64 Lenze zählt. Nein, die Rede ist nicht von einer alten Dame, die Oma ist ein so liebevoll genanntes, historisches Feuerwehrauto, Baujahr 1955, das die Feuerwehr-Oldtimerfreunde Mägerkingen von der Eninger Einsatztruppe übernommen und so quasi vor dem völligen Aus bewahrt haben. Die Oma ist in Topform. Und nicht nur das: Bereits zum fünften Mal sind zehn Männer aus Mägerkingen mit ihr und einem anderen automobilen Schätzchen nach Österreich zum Großglockner gefahren. Dort findet in Bruck alle zwei Jahre die Feuerwehr-Oldtimer-Weltmeisterschaft statt.
Nicht nur für die Oma war die Tour eine Herausforderung, sondern auch für die zehn Männer. Keine Klimaanlage, kein moderner Komfort, kein Bremskraftverstärker. »Es fährt sich archaisch«, sagt Gerhard Haas über das Schmuckstück, das die Oldtimerfreunde in vielen Stunden wieder in Schuss gebracht haben. Heute ist es technisch in so gutem Zustand, dass es sogar einsatzbereit wäre – außer dass Blaulicht und Martinshorn stillgelegt sind.
Mit circa 50 Kilometern pro Stunde Durchschnittsgeschwindigkeit haben die Mägerkinger vor zwei Wochen die etwa 400 Kilometer zum höchsten Berg Österreichs und wieder zurück in die Heimat zurückgelegt. An die zehn Stunden haben sie so für eine Strecke gebraucht. Hupkonzerte und Schimpftiraden genervter Autofahrer gab es nicht. Im Gegenteil: Überall wurden die Schwaben freundlich begrüßt. An einer Tankstelle in München dienten sie einer Gruppe chinesischer Touristen als originelles Fotomotiv. Und wo sie auf Kinder trafen, flogen ihnen sowieso alle Herzen zu.
2008 hatten die Mägerkinger Oldtimerfreunde einen Beitrag über die Weltmeisterschaft im Fernsehen gesehen und sofort Feuer gefangen. Der Berg rief, der Plan stand. Sie packten ihre Sachen, machten sich auf den Weg und fuhren gleich einen Erfolg ein: Sie wurden Klassensieger, bei der dritten Teilnahme gab es ebenfalls einen Pokal. In diesem Jahr gingen die Mägerkinger beim Gleichmäßigkeitsfahren zwar leer aus, das Starterfeld war eng beieinander, die Abweichungen lagen nur im Sekundenbereich, aber ihrer noch immer anhaltenden Euphorie tut das keinen Abbruch. Immerhin stellten sie von den an die 70 Teilnehmern das drittälteste Fahrzeug, nur eines aus dem Hegau (Baujahr 1950) und der Lokalmatador von der Feuerwehr Viehofen (Niederösterreich) mit seinem grünen Mercedes, Baujahr 1944, konnten die Älbler toppen. Und überhaupt: Die Oma und das zweite Feuerwehrauto der Mägerkinger schnauften sich bei der zweiten Wertungsfahrt bis zum Fuscher Törl auf 2431 Höhenmetern hinauf – alles ohne nennenswerte Pannen. Ein kleines Leck an der Kraftstoffleitung der Oma konnten die Mägerkinger reparieren, und als sie ins Stottern kam und nicht anspringen wollte, krempelten die Männer die Ärmel hoch und schoben sie an.
Der Termin für die nächste Feuerwehr Oldtimer Weltmeisterschaft in zwei Jahren steht bereits. Es ist der 24. Juni, dann wollen die Mägerkinger wieder auf große Fahrt gehen. Bis dahin werden sie an ihren Fahrzeugen schrauben und in ihrem gemieteten Vereinsdomizil ein Zimmer herrichten. »Omas gute Stube« könnte es heißen, und dort lassen sich dann jede Menge guter Benzingespräche führen. Zum Beispiel darüber, wie der 2010 gegründete Verein 2020 seinen zehnten Geburtstag feiern wird. Vielleicht mit einem Tag der offenen Tür? Zu dem könnten dann auch die Eninger Feuerwehrleute kommen und ihre alte Oma besuchen, die in Mägerkingen mehr als nur ihr Gnadenbrot erhält. [Quelle: Reutlinger General-Anzeiger]